Limmattaler Zeitung vom Freitag, 21. September 2018:

2025 soll das Gesamtprojekt Gubrist zu Ende und alle drei Röhren befahrbar sein. Maya Grossmann, Tunnelpatin des Gubrists, lud nun einige Politikerinnen und Politiker zu einer Besichtigung der dritten Röhre ein.

Der Gesteinsstaub trübt die Sicht auf den grau-braunen Felsen, der mit einem überdimensionalen Fräskopf unermüdlich bearbeitet wird. Eine Traube von Menschen in orangen Leuchtwesten steht wie eine Meute Paparazzi ein paar Meter hinter den Maschinen und versucht das Geschehen in der dritten Gubriströhre mit Smartphones so gut wie möglich zu dokumentieren. «Das ist beeindruckend», sagt der Oberengstringer Gemeindepräsident André Bender (SVP) und blickt staunend zur Tunneldecke hoch. Er und weitere 26 Behördenmitglieder aus dem rechten Limmattal leisten den Mineuren an diesem Mittwochabend Gesellschaft. In gelben Gummistiefeln und mit orangen Sicherheitshelmen stapft das Grüppchen durch die Baustelle und lässt sich die Baufortschritte und die Vorgänge im Autobahnnadelöhr zwischen Regensdorf und Weiningen erklären.

«Die Idee für diesen Ausflug ist im Juni am Rebblüetefäscht in Weiningen entstanden», erzählt Bender. Er sei damals mit der Weininger «Linde»-Wirtin Maya Grossmann am selben Tisch gesessen und habe sich mit ihr über ihre Aufgabe als Gubrist-Tunnelpatin unterhalten. «Sie sagte mir, dass sie den Behörden, die zu ihr ins Restaurant kommen, gerne etwas zurückgeben würde und ich schlug ihr vor, einen Netzwerkanlass zu organisieren, bei dem wir den Gubrist besichtigen können.»

780 Meter tief im Berg

Nur drei Monate später stehen die Mitglieder der Exekutive tatsächlich 780 Meter tief im Tunnel drin. So weit haben sich die Arbeiter seit dem Baustart im November 2017 in den Berg vorgearbeitet. Es fehlen noch rund 2500 Meter bis zum Durchbruch in Weiningen, der für den Herbst 2019 geplant ist. «Wir liegen im Zeitplan. Täglich stossen wir vier bis sechs Meter tiefer vor», erklärt Roland Hug, Projektleiter für die dritte Gubriströhre beim Bundesamt für Strassen (Astra). Geleitet wird die Führung vom Chef der Bauleitung, Stefan Gielchen, und seinem Stellvertreter Claudio Isler. Für beide ist es nicht der erste Tunnelbau. «Ich war bereits beim Bau des Gotthard- und des Ceneri-Basistunnels dabei», sagt Isler. Von der Länge her sei der Gubrist nichts Besonderes. «Doch er ist mit 175 bis 178 Quadratmetern der grösste Querschnitt, an dem ich je gearbeitet habe.»

Von der Lehre zur irdischen Vertreterin der Heiligen Barbara

Beeindruckt von den Dimensionen zeigen sich auch die Politikerinnen und Politiker. So etwa der Weininger alt Gemeindepräsident Hanspeter Haug (SVP). Das 1,55 Milliarden Franken teure Nordumfahrungs-Projekt beschäftigt ihn bereits seit mehr als 15 Jahren. «Es ist eindrücklich hier drin zu stehen und zu sehen, was es alles braucht, damit so ein Tunnel gebaut werden kann», sagt er. Tunnelpatin Maya Grossmann strahlt während der Besichtigung über beide Ohren. «Ich freue mich, dass wir diesen Anlass auf die Beine stellen konnten.» Seit Baustart ist sie Tunnelpatin und stellt die irdische Vertreterin der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute, dar. Diese Ehre wurde der Gastronomin aufgrund ihres grossen Bezugs zu beiden Seiten des Gubrists zuteil. Sie machte etwa die Lehre in Regensdorf. Ihr Amt nimmt sie ernst. «Ich komme oft vorbei und bringe den Arbeitern Sandwiches oder Kuchen mit.» Inbegriffen ist dabei auch immer ein Schwatz. Für die Wirtin ist es daher nicht der erste Besuch im Tunnel. «Ich war bestimmt schon sieben Mal hier drin.»

Ausgelassene Stimmung trotz Hitze

In einem Bus geht es nach dem Besuch in der Röhre zum nahe gelegenen Verladebahnhof, wo das Ausbruchmaterial in Zügen abtransportiert wird. «Gott sei Dank hat es eine Klimaanlage», sagt der Geroldswiler SVP-Gemeinderat Martin Conrad beim Einsteigen. Einige Politiker leiden unter den Temperaturen über 30 Grad im Berginnern. Nichtsdestotrotz ist die Stimmung ausgelassen, die Szene erinnert an eine Klassenfahrt. Der Geroldswiler Liegenschaftenvorstand Peter Christen (FDP) ist zu Scherzen aufgelegt. «Die Autobahn ist noch nicht eben, da muss noch einiges getan werden», sagt er, als die Businsassen bei einer holprigen Stelle durchgeschüttelt werden.Der Ausflug endet in der Kantine des Baubüros in Affoltern. Wirtin Maya Grossmann tischt Häppchen auf und sorgt dafür, dass niemand auf dem Trockenen sitzt. Es wird angestossen auf den gelungenen Anlass.

 

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